Pfingsten könnte dieses Jahr teuer werden. Zumindest wenn wir das Gleiche machten wie die Menschen damals in Jerusalem beim ersten Pfingstfest. Denn als sie Leute merken, dass etwas Besonderes passiert, strömt die Menge zusammen (vgl. Apostelgeschichte, Kapitel 2). Von Abstandhalten keine Spur. Vielmehr eine unerwartete Vertrautheit, denn jeder hört die Jünger Jesu in seiner und ihrer Sprache reden. Petrus versucht in Worte zu fassen, was alle erleben: „Jetzt geschieht, was durch den Propheten Joël gesagt worden ist: Ich, euer Gott, werde von meinem Geist ausgießen. Eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden und eure Alten werden Träume haben.“ (Apg 2,17). Damals wie heute geht es vor allem um Gemeinschaft. Welche Träume aber haben wir dieses Jahr an Pfingsten? Wir „Alten“ -also wir Erwachsenen – wünschen uns vielleicht viel von dem zurück, was vor der Pandemie unser Leben bereicherte. Also die Freiheit viel zu reisen, zu feiern, sich beruflich zu verwirklichen oder einfach unbeschwert in den Tag zu leben. Ihr, die „Töchter und Söhne“ – also ihr Kinder und Jugendliche, aber auch manch “Alter” – bringt vermutlich noch ganz andere Sehnsüchte mit. Die Vision von einer Welt, die klimagerecht ist und in der wir auch in Zukunft sicher leben können. Oder der Traum, dass überall die Vielfalt der Menschen unter dem Zeichen des Regenbogens respektiert wird. Oder noch ganz andere Visionen einer menschengemäßen Welt.

Petrus erzählt von seinem Freund Jesus, von der Freiheit der Liebe, die der möglich machte, auch von der Freiheit der Auferstehung. „Denn es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde“ (Apg 2,24) sagt er über Jesus. Uns hingegen hält noch manches fest in diesen Tagen. Viel Sorge um die Menschen, die schwer an Corona erkranken oder daran sterben, viele Fragen, wie es für uns alle weitergehen wird, wirtschaftlich, sozial, international. Neue Sorgen um den Frieden in Nahost und anderswo. Und ja, immer noch viele Einschränkungen hierzulande, die notwendig bleiben, auch wenn die ersten Lockerungen hoffen lassen. Dabei täte uns allen – jungen wie alten Menschen – der Kontakt mit den anderen so gut. Ein Bad in der Menge bei einem Konzert, die herzliche Umarmung von Freund*innen oder einfach ein Lachen ohne Maske.

Pfingsten feiern wir, ohne dass sich dadurch unsere Welt sichtbar ändern wird. Aber vielleicht kann dieses Fest des Heiligen Geistes in uns etwas verändern. Ob uns das Wehen dieser Kraft Gottes zärtlich berühren wird? Kann sie in uns neue Kraft wecken? In einem Text von Gerd Mevissen heißt es: „In der Umarmung des Windes staunt meine Haut über diese Frische, diesen Übermut, diese Bewegung … Mein Atem strömt ein und aus, dankend und liebend: tiefe Lebensfreude“.

Ich wünsche euch und Ihnen diese überraschenden, manchmal erschreckenden, manchmal beglückenden Momente, wenn uns der Geist Gottes erwischt. Und das wir die Weite haben, unsere Lebensfreude mit anderen zu teilen.

Herzliche Grüße, auch von Rudi Hürtgen und Boris Kassebeer,

Michael Kruse

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